Autorenlesung am Dio: „Train Kids“
Das ging gut wieder los für unsere Achtklässler: Statt wie gewohnt sechs Stunden im Unterricht zu verbringen, startete die Schule heute für sie mit einer tollen Abwechslung. Dirk Reinhardt war zu Gast in der Petri-Kirche und las aus seinem Roman „Train Kids“.
Einleitend fesselte er das Publikum mit der Entstehungsgeschichte seines Buches: Es spielt in Mexiko, wo viele Flüchtlinge, vor allem Jugendliche, aus Mittelamerika versuchen, auf illegalen Wegen in die USA zu gelangen. Da die Straßen überwacht werden, nehmen sie „einen der gefährlichsten Fluchtwege“: Sie springen auf fahrende Güterzüge auf, um quer durch Mexiko zu reisen – durch die Tropen, das Hochgebirge, vorbei am Pico de Orizaba und durch die Wüste – bevor die gut bewachte Grenze der USA erreicht wird.
Was daran besonders ist? Reinhardt war selbst vor Ort und hat, versteckt unter Güterwaggons die Geschichten dieser Jugendlichen gesammelt, die vor der Armut fliehen oder um Familienangehörige in den USA wiederzufinden. Aus diesen Geschichten entstand sein Plot, wie Reinhardt unseren Jugendlichen später genauer erklärte. Fiktive Charaktere erleben im Roman, was der Autor in Mexiko an Lebensgeschichten zu hören bekam.
So gibt sich ein Mädchen als Junge aus, um bessere Chancen zu haben und „nicht blöd angemacht“ zu werden – frei nach der Erzählung eines Mädchens, das fürchtete, in die Hände von Zuhältern zu fallen. Im Roman schließt es sich einer Gruppe von vier Jungen an, um seine Chancen zu verbessern – eine äußerst reale Darstellung.
Gelesen hat Reinhardt dann einen Abschnitt, in dem besagte Gruppe zum ersten Mal auf einen Zug springt, dabei fast eines des Mitglieder verliert, nur um anschließend bei einer Razzia der Polizei in die Hände zu fallen.
Nachdem sie wieder frei sind und leider auch schon wieder vor der Polizei flüchten müssen, bekommen die Jugendlichen um Hauptfigur Miguel unerwartet Hilfe von einem Padre in einer Kirche. Auch solche Hoffnungsschimmer entspringen der Realität und sind den Flüchtlingen unheimlich wichtig, um nicht den Mut zu verlieren.
Das Ganze ähnele stark der Situation bei uns, meinte Reinhardt, es sei vermutlich ähnlich gefährlich, mit einem Boot das Mittelmeer zu überqueren, um in die EU zu gelangen, wie in Mexiko auf Züge aufzuspringen.
Warum er nicht über die Situation in Europa geschrieben hat? Dazu erklärte Reinhardt, dass die Idee zu seinem Roman schon vor der Flüchtlingskrise gehabt, die aus dem syrischen Bürgerkrieg ergeben hat und er schon vor 2015 in Mexiko war, um Geschichten zu sammeln.
Mit Sicherheit hat er ein lesenswertes Buch zu einem spannenden, aber auch traurigen Thema verfasst.
Vielen Dank für die fesselnde Unterhaltung!
(Text u. Bilder: M. Witczak)