Interview mit Anna D. : „Nach einem Jahr am Dio fühle ich mich wieder zu Hause.“
„Nach einem Jahr am Dio fühle ich mich wieder zu Hause.“
Als Anna von ihren Eltern erfahren hat, dass die ganze Familie aufgrund der Arbeitsstelle des Vaters Russland verlassen und in Deutschland leben wird, konnte sie es kaum glauben. Nach der ersten Woche in Deutschland wurde ihr schnell klar, dass für sie ein neues Leben beginnt und es kein Zurück mehr gibt. Heute lebt Anna in Spelle und besucht die 8. Klasse am Gymnasium Dionysianum.
Anna, wie hast du deinen 1. Schultag am Dio erlebt?
„Es kamen sofort viele Schüler auf mich zu um Kontakt aufzunehmen. Sie haben mir viele Fragen gestellt, waren sehr hilfreich und aufgeschlossen und haben mich sehr herzlich empfangen.“
Konntest du dich schon verständigen? Hast du in Russland einen Deutschkurs gemacht?
„Ja, ich habe einen Kurs belegt, aber für alltägliche Situationen war ich nicht gut vorbereitet. Ich konnte ein paar Fragen stellen, dem Unterricht aber nicht folgen. Ich saß in der Klasse und habe die Mitschüler und Lehrer beobachtet. Wie der Unterricht abläuft etc. meine Mitschüler standen mir immer hilfreich zur Seite.“
Die ersten Wochen waren bestimmt noch schwierig für dich?
„Ja, das stimmt. Nach meiner ersten Schulwoche sind wir mit meiner Klasse nach Saebeck zu Gemeinschaftstagen gefahren. Das war sehr anstrengend für mich. Ich habe nicht viel verstanden und musste mich sehr konzentrieren. Aber auf der Fahrt konnte ich meine Klasse noch besser kennenlernen. Die Fahrt ist mir positiv in Erinnerung geblieben und ich bin froh, dass ich mich damals dazu entschieden habe mitzufahren. Jetzt würde ich gern noch einmal fahren, mit der Sprachkenntnis von heute hätte ich sicherlich noch viel mehr Spaß.“
Wie sieht dein Schulalltag heute aus?
Heute kann ich mich schon gut im Unterricht beteiligen. Ansonsten sieht mein Alltag ganz normal aus, wie bei meinen Mitschülern auch. Hausaufgaben erledigen, Tests und Arbeiten schreiben.“
Hast du Lieblingsfächer
„Ja, eins meiner Lieblingsfächer ist Deutsch. Ich lerne viel Neues und mir wird nie langweilig. Außerdem macht mir das Fach Kunst auch sehr viel Spaß.“
Unterscheidet sich der Unterricht am Dio von dem in Russland?
"Ja, es gibt z.B. keine Wandertage. Außerdem unterscheidet sich das Notensystem. In Russland ist die 5 die beste Note. Da kam es am Anfang auch schon mal zu Missverständnissen mit meinen Eltern und Freunden, wenn ich mich über die Note 2 freute."
Hast du noch viel Kontakt zu Freunden in Russland?
„Ja, dank der neuen Medien besteht der Kontakt noch zu vielen. Wir schreiben uns über das Internet und meiner besten Freundin erzähle ich natürlich alles über mein neues Leben in Deutschland.“
Hast du auch manchmal Heimweh?
„Ich weiß nicht…“ Ein bisschen schon. Aber ich erlebe so viel, habe die Chance eine neue Kultur kennenzulernen. Das ist eine große Bereicherung für mich.“
Was machst du in deiner Freizeit?
„Ich habe Gitarrenunterricht, spiele Klavier und singe im Schulchor. Ich male gern, höre Musik, geh spazieren, jogge oder fahre Fahrrad.“
Du hast in diesem Jahr schon viel bewältigt, eine neue Sprache gelernt etc. was ist heute noch eine große Herausforderung für dich?
„Ich möchte mich noch mehr mündlich im Unterricht beteiligen, noch aktiver sein, mehr Menschen kennenlernen und die Sprache gut beherrschen. Ich werde mein Abitur am Dio machen, danach Politik oder Wirtschaft studieren. Ich weiß, dass ich mich bemühen muss, aber ich glaube, dass ich das schaffen kann.“
Hast du Ratschläge für Schüler, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, die nach Deutschland kommen und die Sprache noch nicht beherrschen?
„Es ist wichtig, schnell Freunde zu finden und immer aktiv zu sein. Viel beobachten, Hilfe suchen, sich auch außerhalb der Schule mit Leuten treffen.“
Wie hast du die Unterstützung deiner Lehrer am Dio wahrgenommen?
„Die Lehrer haben mich immer unterstützt, sie sind sehr verständnisvoll. Hilfreich war insbesondere der Deutschkurs mit Frau Sallandt, das war wunderschön, dass sie sich so viel Zeit für mich genommen hat. Zusätzlich habe ich in der Familienbildungsstädte von Frau Sallandt vermittelt, viel Hilfe von Frau Paege und Frau Scheffner erhalten.“
Hast du Ideen wie die Schule dich noch mehr unterstützen könnte?
„Rückblickend kann ich sagen, dass die Schule mir ganz viel geholfen hat. Das hatte ich so nicht erwartet.“. Am Anfang war ich etwas überfordert mit der Organisation der Schule, Fächern, Stunden, Wahlen etc., ich wusste nicht wie die Schule hier funktioniert und abläuft.“
Wie sieht der Schulalltag denn in Russland aus?
„Ich war an einer großen Schule mit ca. 2000 Schülern. Der Unterricht findet dort am Morgen und am Nachmittag statt. Eine Gruppe hat von 8Uhr bis 13Uhr Unterricht, die zweite Gruppe von 14Uhr bis 19Uhr. Nach einem Jahr wird dann gewechselt. In einer Klasse sind ca. 28 Schülerinnen und Schüler. An meiner alten Schule haben die Kinder von der ersten bis zur elften Klasse zusammengelernt.“
Gibt es etwas, was du sehr vermisst?
"Ja, russische Feste, z.B. den Frauentag am 8. März, den Kindertag am 1. Juni und den 1. September, an diesem Tag feiern wir ein großes Fest in der Schule. Nach drei Monaten Ferien beschenken die Schüler, die Jüngsten und der Abiturkurs ihre Lehrer mit vielen Blumen. Ein kleines Mädchen aus der ersten Klasse darf dann auf den Schultern eines älteren Jungen aus dem Abiturjahrgang sitzend eine Klingel läuten. In der ersten Klasse war ich dieses kleine Mädchen.“
Und wie geht es diesem Mädchen nun nach einem Jahr im Dio?
„Nach einem Jahr am Dio fühle ich mich wieder zu Hause."