Kindheit im zweiten Weltkrieg
Wie die Kriegszeit und insbesondere die Kinderlandverschickung (KLV) ihn und seine Geschwister berührte, das berichtete Alt- Bürgermeister Ludger Meier in einem bewegenden Vortrag im Gymnasium Dionysianum.
Schülerinnen und Schüler der 5. und 9. Jahrgangsstufen und einige Gäste lauschten in der Schulbibliothek gebannt den Erzählungen und zeigten sich sehr interessiert an dem Schicksal der ca. 1400 Kinder (davon 293 Dionysianer) aus dem damaligen Kreis Steinfurt. Sie verließen Rheine im Januar 1944 mit einem Sonderzug in Richtung Salzburg. Rheine gehörte zu den luftkriegsgefährdeten Gebieten und lag wegen des Eisenbahnknotenpunktes, der Militärflugplätze, der Kasernen und Industriebetriebe in der Einflugschneise amerikanischer und britischer Bomber, so dass eine Evakuierung der Kinder und Jugendlichen unumgänglich erschien. Von den Luftangriffen waren auch fast alle Schulen betroffen. Anfang 1945 fand überhaupt kein Unterricht mehr statt.
Viele der 10 – 14jährigen Gymnasiasten wurden in den KLV-Lagern Abtenau und Golling für 1 ½ oder 1 ¾ Jahre untergebracht, schulisch unterrichtet und – mehr schlecht als recht – versorgt. Ohne Eltern, fern der Heimat, entwickelte sich in der Gruppe ein inniges Zusammengehörigkeitsgefühl, das die gemeinsame Bewältigung von Krisen , z. B. dem Heimweh oder den schlimmen Nachrichten aus der Heimat, ermöglichte. Dieses wirkte noch lange nach Kriegsende fort und bestimmte das Leben des Einzelnen. So wies Ludger Meier, ohne sich selbst zu rühmen, auf seine Tätigkeit als Schülersprecher am Dio von 1950-52 hin und betonte seine Verbundenheit mit der alten Schule und Lehrern wie Franz Kolck, die der Nazi-Partei ablehnend gegenübergestanden hatten.
Eine besondere Fürsorge erfuhr der Alt-Bürgermeister durch seine Tante. Als Lehrerin begleitete sie ihre Schülerinnen aus dem Ruhrgebiet nach Süddeutschland. Dort konnte sie ihrem jungen Neffen mit Rat und Tat zur Seite stehen und für einen Unterschlupf auf einem Bauernhof in Aschau sorgen. Erst im Sommer 1945 kamen die Schüler nach einer achttägigen Odyssee in ihre zerstörte Heimat zurück.
„Warum war die Zeit in der Kinderlandverschickung so wichtig für Sie?“, fragte abschließend einer der Zuhörer. „ Weil ich da wusste, was es heißt, Vater und Mutter zu haben und wie wichtig kameradschaftliches und menschliches Verständnis ist.“, so lautete das Resümee des Dreiundachtzigjährigen.
Mit großem Applaus und froh in dem Bewusstsein, in einem (noch) friedlichen Europa zu leben, verabschiedeten die Schülerinnen und Schüler den Referenten und wünschten ihm alles erdenklich Gute!
Text und Bild: C. Wilmsmeier