EUROPA - Studienfahrt Q2: Emilia Romagna – 7 Tage, 10 Ziele! - Oder: Können wir das Programm bitte kürzen? - Aber: „Man muss reisen, um zu lernen.“ (Mark Twain)
Den vielfältigen Eigenarten und Eindrücken von Mailand, Florenz, Bologna, Venedig, Ravenna, San Marino, Arcangelo, San Leo und nicht zuletzt als Ausgangsstation Rimini zu begegnen, das war das erklärte Reiseziel einer Reisegruppe der Q2 unter der Leitung von Frau Sabelus, Herrn Juling, Frau Witczak und Herrn Staden.
Ein pickepackevolles Programm und eine sportlich-kulturelle Herausforderung erwartete 44 Schülerinnen und Schüler mit ihren zwei Begleiterinnen und zwei Begleitern, das war allen klar. Und so war die Kontroverse „Programm gegen Entdeckungsreise“ flott eröffnet.
Lasst euch darauf ein!
(Galeria Emanuele II.)
Nach einer entspannten Nachtfahrt, in der die Partyboxen gegen 23 Uhr ausgingen, startete die Emilia Romagna-Tour in Mailand. Erste Begeisterung zeigte sich in der imposanten Galeria Emanuele II., frühe Form einer Mall, wie wir sie heute in vielen Stadtzentren finden. Die Außenfassade des Doms mit ihren himmelwärts strebenden filigranen Bauformen präsentierte sich vor strahlend blauem Himmel und erwies sich als willkommener Hintergrund: Ich bin hier gewesen! Ferrari-Werbung, rasantes Design, greller Kontrast und dröhnende Lautsprecher: Auch das ist die Piazza del Duomo. Schließlich kamen wir mit dem Besuch des Castello Sforzesco auf 12.000 Schritte. Und danach? Der Rückweg zum Bus: Allein in Mailand!
Florenz mutete am nächsten Tag ganz anders an: Von der Piazzale Michelangelo aus gab es am Ausgangspunkt einen wunderschönen Blick hinab auf „die Weiße“. Dieses riesige urbane Stadtgebilde aus historischer Pracht, architektonischer Mächtigkeit und beständiger Dynamik in all den Gassen und Straßen dazwischen. Nicht zu vergessen das träge Fließen des Arno, endlich ein wenig Abstand, außen wie innen.
Nach dem Besuch von San Miniato al Monte und ihrem Friedhof ganz oben auf dem Berg, deren mystisch religiöse Aura in der fast schmerzend hellen Sonne strahlte, wurde der Weg in die Stadt lockeren Fußes absolviert. Nicht ohne einen Abstecher auf Bäckers Spuren, denn die Auslage einer jeden Panetteria war einfach zu verlockend.
Vom Palazzo Pitti über den Ponte Vecchio mit seinem Arkadengang der Medici schlängelten sich alle durch ein Touristenlabyrinth, in dem es vor allem die Auslagen der Goldschmiede zu bewundern gab.
Auf dem Weg zum Dom Santa Maria del Fiore flanierte unsere Gruppe an den Uffizien entlang, dort konnten nicht nur Michelangelos David, sondern auch zahlreiche Statuen und Nachbildungen bestaunt werden. Und was ist nochmal eine figura serpentinata?
Der freie Blick auf die Fontana del Nettuno der Piazza della Signoria fiel leider umfangreichen Restaurierungsmaßnahmen und deren Verhüllungen zum Opfer. Vielleicht ein verkappter Christo…?
Vor dem Dom mit seinem Campanile von Giotto und dem gegenüberliegenden Baptisterium mit der Porta del Paradiso wurde das Finale unseres Kulturparcours bei 30 Grad im Schatten aufgrund gewisser muskulärer Ermüdungserscheinungen und gewaltiger kulinarischer Anreize gefeiert.
Nach so vielen Fahrtenkilometern musste zunächst einmal der temporäre Wohnort erkundet werden: Mit ungefähr 16 Kilometern in vier Stunden und über 20.000 Schritten (Wochenbestleistung!) wurden das alte und das neue Rimini vom Anfiteatro bis zum Hafen durchquert. „Giovanni 79“, unser Strandabschnitt bot anschließend die lange ersehnten Strandfreuden, inklusive Erholung.
Der Tag des San Apollinare nahte und empfing uns mit Blitz und Donnergrollen. Auf dem Weg nach Ravenna lag San Apollinare in Classe mit seinen farbintensiven Mosaiken, deren Detailwirkung in den ravennatischen Mosaiken (San Apollinare Nuovo) noch bestechender wirkte. Im Oktogon San Vitale präsentierte sich eine ganz andere Kirchenarchitektur – die achteckige Kirche des zweiten Schutzheiligen von Ravenna bot neben barocker Dynamik der Deckenmalereien einen Arkadengang im ersten Stock und in der Apsis geradezu ein Feuerwerk an Mosaiken, die die Geschichten des Alten Testaments darstellen.
Im strahlenden Sonnenschein konnte der Besuch Ravennas in Kleingruppen fortgesetzt werden, bevor uns die Reise gemeinsam zum von Leonardo da Vinci geplanten Hafen von Cesenatico führte.
Sintflutartige Regengüsse und heftigste Gewitter beim Spaziergang entlang des Hafenbeckens ließen alle Schönheit und Besonderheit dieses Ortes buchstäblich dahinfließen.
Bei unserer Weinprobe in der untergehenden Septembersonne zeigte sich Italien dann wieder von seiner schönsten Seite.
Das Finanzamt lässt grüßen! San Marino! Ein Händlerparadies, in dem steuerfrei eingekauft werden kann! Mancher Schüler imponierte mit versiertem Verhandlungsgeschick, hier konnte man das besonders gut lernen. Beim Burgparcours konnten sich die sportlicheren Schüler beim Erklimmen des Turmes bewähren.
Die Schönheit eines kleinen Dorfes – San Leo – erstrahlte nach einem weiteren kleinen, aber sportlichen Fußmarsch bergauf. Das niedliche Bergdörfchen mit seinen zwei Kirchen, von denen die Pfarrkirche laut Überlieferung aus dem 4. Jahrhundert stammt, glänzte durch seine Ursprünglichkeit und Natürlichkeit. Auch die oberhalb des Dorfes liegende Burg verlockte geradezu zu einem Besuch, der leider nicht realisierbar war – stattdessen aber die Besichtigung der nach einem Erzengel benannten Stadt: Santarcangelo, die als einzige Stadt selbst durchstreift wurde, zeigte sich in der Nachmittagssonne von einer herrlichen Seite und ließ Raum für Träume offen.
Architektur, Kirchenentwicklung, die Weinprobe am Vortag – da durfte doch eins nicht fehlen: Bei „Zanni“, der übrigens seinen Wein selbst keltert, gab es eine wunderbar köstliche Alternative zu den dolci aus den vielen Panetterie! Man könnte fast sagen, dass hier eine Spiegelung der Tagesereignisse durch kulinarische Genüsse stattfand. Der Abend begann mit einem Imbiss und selbstgemachtem Sangria, der aus dem wirklich hervorragenden San Giovese Zannis und hinzugegebenen Äpfeln, Pfirsichen, Pflaumen, Karotten und Sellerie bestand, was einen unglaublichen Geschmack gab. Anschließend wurde der Magen mit vielerlei Pizze, Piadine und Gelato beglückt – was für ein gelungener Tag, komponiert aus der eigentümlichen Ruhe kleinerer Dörfchen und italienischer Esskultur!
Dagegen hieß es tags darauf: Bologna wird laut! Die bunte Mischung aus Einflüssen war inzwischen jeder gewohnt, aber ungewohnt war das (Lebens-)Gefühl in dieser Stadt dann doch. Baustellen, Straßenmusikanten, Verkehr, Einheimische – was für ein kreatives Sammelsurium!
Bei der Stadtführung gab es unter anderem den Zugang zu den Anfängen der Hochschulbildung in der ältesten Universität Europas und den ersten Besuch eines Hörsaals für viele. Hoffentlich erwartet zu Hause nun niemand ein solches Ambiente wie im medizinischen Hörsaal von Bologna, denn es gibt vermutlich kaum noch Universitäten, die den Dozenten oben auf einer Art Kanzel sprechen lassen, dazu einen Assistenten beschäftigen, der unten am Tisch die Leichen auf die Anweisungen des Dozenten hin seziert, einen weiteren Assistenten, der die einzelnen Teile unter der Zuhörerschaft präsentierte und einen „Widersprecher“, der auf Richtigkeit und Zulässigkeit der Aussagen achtete. War er nicht einverstanden mit Angaben, öffnete er ein Holzfensterchen in der rückwärtigen Wand des Hörsaals und tat seinen Unmut darüber kund.
Konnte das noch getoppt werden? Schwer, aber: Venedig war eine Station der Rückreise. Mit leicht verspäteter Abfahrt – Eindrücke mussten verdaut werden, sodass es höchst mühsam gelungen war, am Vorabend überhaupt Schlaf zu finden – ging es morgens um halb sechs los. Um zehn Uhr weckte das sanfte Schaukeln des Bootes die letzten Schlaftrunkenen, die mit einem strahlend schönen Blick auf das Zentrum Venedigs schlagartig wach wurden. Bei 30 Grad ging es vom Markusplatz durch enge, schattige Gässchen von Insel zu Insel (der 170 venezianischen Inseln – und nein, alle haben wir unglücklicherweise nicht geschafft). Jede eigene davon hat immer einen Platz, eine Kirche und mindesten einen Palazzo, der allerdings ein auf bestimmte Art aufgeteiltes Gebäude ist und kein Palast, wie man meinen könnte. Nahe der Rialto-Brücke, auf die vor lauter herumflanierenden Touristen kaum ein Fuß zu setzen war, endete der Rundgang mit Fiona, unserer Stadtführerin. Jeder konnte nun überlegen, ob er etwa weiter zu Fuß durch die Stadt stromern oder ob er eine Gondelfahrt genießen wollte – diese durch ihre Eigentümlichkeiten verführend wirkende Stadt konnte wirklich allen Interessen gerecht werden. Müde, aber glücklich wurde ein letzter, unvergesslicher Eindruck der Stadt in der untergehenden Sonne gewonnen: Herr Juling hatte mit viel Fingerspitzengefühl und noch viel größerem Verhandlungsgeschick Wassertaxen erhandelt, die uns im Abendrot über den Canal Grande zurück zu unserem Bus chauffierten… Wie gern hätten wir in diesem Augenblick verharrt und noch ein kleines bisschen länger an Ort und Stelle verweilt.
Wir bedanken uns in besonderem Maße bei Herrn Juling, ohne den dieses Programm sicherlich nicht so eindrucksvoll und vielfältig geworden wäre!
(Text: I. Sabelus, M. Witczak / Bilder: M. Witczak)
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