MV 12.07.2024 Trauer um Günter Henkel
In memoriam Günter Henkel
Günter Henkel in memoriam (20.11.1934 – 06.07.2024)
Der im November 1934 in Dortmund geborene und am 6. Juli in Berlin verstorbene Studiendirektor i.R. Günter Henkel verkörperte in vielerlei Hinsicht den Typus eines Gymnasiallehrers alter Schule. Zutiefst geprägt war er durch die Breite und Tiefe seines in Paderborn und Würzburg absolvierten Studiums der Theologie, Germanistik und Geschichte. Am Dionysianum unterrichtete er von 1971 bis 1996. Über viele Jahre war er gleichzeitig Fachleiter für Deutsch am Studienseminar in Rheine.
Am Dionysianum genoss der stets im Anzug und mit Krawatte erscheinende Günter Henkel in Schülerkreisen den Ruf eines streng fordernden, zugleich in hohem Maße anregenden und humorvollen Lehrers, der mit seiner Art des Unterrichtens, Prüfens und Beurteilens Maßstäbe setzte. Vorrangig ging es ihm nicht um kurzfristig-kleinschrittig zu erarbeitende Lernziele, sondern um die Vermittlung über den Tag hinausgehender Lernerfahrungen, die dem wissenschaftspropädeutischen Anspruch gymnasialen Unterrichts gerecht wurden. Mag sein Urteil über das Gymnasium als Schulform in seinen letzten Dienstjahren zuweilen nicht ganz frei von resignativen Zügen gewesen sein, so ist er doch seinen eigenen Ansprüchen bis zuletzt treu geblieben, ohne darüber zum Prinzipienreiter geworden zu sein. Mit welch geistiger Offenheit er die pädagogische Arbeit betrachtete, hat er anlässlich der Abiturentlassfeier seines Sohnes Knut im Jahr 1995 in seiner Rede als Elternvertreter eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht, indem er die Abiturientia ermutigte, nicht dem Zeitgeist nachzulaufen und sich „Eigenart und Eigensinn, Selbsttätigkeit und Selbstverantwortung nicht abkaufen zu lassen“. Kants Aufforderung, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, das altrömische sapere aude, klingt in diesen Worten unüberhörbar durch.
In welchem Maße Günter Henkel sich mit dem Dionysianum identifizierte, belegen zwei profunde Beiträge aus seiner Feder, die anlässlich des 325-jährigen Jubiläums der Schule im Jahre 1984 in der Reihe Rheine gestern, heute, morgen erschienen sind und die Vielgestaltigkeit der von Günter Henkel behandelten literarisch-kulturhistorischen Themen bezeugen. Sowohl die Studie über „die Gestalt und das Geschick“ eines im Besitz der Gymnasialbibliothek befindlichen Graduale aus dem ehemaligen Franziskanerkloster als auch die minutiöse Auseinandersetzung mit einer Schlüsselszene aus Homers Ilias bezeugen ein Höchstmaß an philologischer Expertise. – Dass Günter Henkel darüber hinaus noch über ganz andere sprachliche Register verfügte, bewies er, um das Beispiel der oben erwähnten Elternrede zu ergänzen, mit der im Dezember 1989 gehaltenen Laudatio auf die Kulturpreisträgerin Ria Busch, eine lange Zeit weit über Rheine hinaus bekannte Pianistin, deren öffentliches Wirken Günter Henkel gemeinsam mit seiner im Januar 2020 verstorbenen Frau Lilo über viele Jahre begleitet hat.
Das Gymnasium Dionysianum wird Günter Henkel ein ehrendes Andenken bewahren.
Text: H. Huesmann
Foto: von Herrn Henkels Familie zur Verfügung gestellt
MV 12.01.2024 Werner Friedrich in memoriam (21.03.1952 - 31.12.2023)
MV 10.01.2024 Nachruf auf Werner Friedrich
Werner Friedrich in memoriam (21.03.1952 - 31.12.2023)
Professor Dr. Ulrich Eckhardt hätte ihm zugetraut, anstatt als Oberstudienrat an einem Gymnasium in der münsterländischen Provinz eine Aufgabe an verantwortlicher Stelle in der Kulturszene der Bundeshauptstadt Berlin zu übernehmen. Mit seiner stupenden kulturwissenschaftlichen Bildung, seiner Begeisterungsfähigkeit für die Präsenz von Auswirkungen und Spuren der Antike in der Gegenwart und nicht zuletzt seiner Ausdrucksstärke hätte er wohl auch jederzeit in die Feuilletonredaktion einer überregionalen Zeitung eintreten und dort reüssieren können. Werner Friedrich hat sich jedoch anders entschieden. Seine Verbundenheit mit seiner Heimatstadt Rheine und dem Dionysianum, in dessen Kollegium der Abiturient des Jahrgangs 1970 acht Jahre später eingetreten ist und dem er bis 2015 angehörte, war wohl zu stark, um den angedeuteten Verlockungen zu erliegen.
Er hat die Arbeit mit jungen Menschen im Alter zwischen 10 und 19 Jahren geliebt, gab sie ihm doch die Möglichkeit, deren charakterliche und geistige Reifung durch spannenden, die fachlichen Grenzen gerne auch mal überschreitenden Unterricht in Latein und Mathematik, zwei seit jeher besonders respektheischenden Fächern, intensiv zu fördern. Dies gelang ihm, indem er die Lernenden befähigte, Lösungsansätze selbstständig zu entdecken und zu entfalten. Das in beiden Fächern eingeübte logisch-stringente Denken und das durch den Lateinunterricht implizit geförderte allgemeine Sprachwissen sind nach wie vor eine exzellente Vorbereitung für den Eintritt in die nicht-akademische und akademische Berufswelt. Es war wohl auch der inspirierenden, den Heranwachsenden neue Horizonte erschließenden Begeisterungsfähigkeit Werner Friedrichs zu verdanken, dass einige seiner Schülerinnen und Schüler in Teams erfolgreich an Wettbewerben teilnahmen und so im Hinblick auf ihre Studien- und Berufswahl beeinflusst wurden. Unbedingt hinzuweisen ist jedoch auch auf seinen Einsatz für jene Schülerinnen und Schüler, die krankheitsbedingt oder aufgrund familiärer Probleme Rückstände aufzuarbeiten hatten. Mit nicht wenigen seiner „Ehemaligen“ pflegte er auch noch nach ihrem Abitur einen intensiven Gedankenaustausch.
Werner Friedrich, auf dessen zahlreiche, u.a. auf Bentlage bezogene Schriften hier nicht eingegangen werden kann, hatte stets auch das Ganze der Schule im Blick. In der Anfang der 1990er Jahre innerschulisch geführten, von der Öffentlichkeit mit großem Interesse begleiteten Auseinandersetzung über den Umgang mit dem Langemarckdenkmal leistete er wegweisende Beiträge, die mithalfen, die von vereinzelten Stimmen gewünschte Abrisslösung zu verhindern und einen erklärend-kommentierenden „Um‑gang“ mit dem Denkmal zu ermöglichen. Als exzellenter Romkenner hat er die Romfahrt der Schule im Jubiläumsjahr 2009 angeregt und maßgeblich mit vorbereitet. Bei der Erstellung der Festschrift 2009 profitierte die Schule in hohem Maße von seinen Erfahrungen als vielseitiger Buchautor.
Am 31. Dezember 2023 ist Werner Friedrich nach langer, mit großer Tapferkeit und Disziplin ertragener Krankheit im Alter von 71 Jahren verstorben. Die Schulgemeinde des Dionysianums wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren. (H.H.)
MV 11.10.2023 Gedenken an den Pädagogen Hermann Rosenstengel
MV 16.06.2022 Trauer um Martin Rattka
MV 19.03.2022 Trauer um Dr. Johannisson
Dr. Johannisson in memoriam
Die Schulgemeinde des Gymnasium Dionysianum trauert um Studiendirektor Dr. Jürgen Johannisson, der am 11. März im Alter von 83 Jahren verstorben ist. Dr. Johannisson war in mancherlei Hinsicht ein Original, nicht nur weil er, der am 01.09.1977 in das Kollegium eingetretene Lehrer für Physik und Mathematik, nach Beginn seines Ruhestands im Sommer 2002 noch mit anhaltender Begeisterung für weitere drei Jahre einige Stunden Physik erteilte. Er tat dies natürlich in erster Linie, um drohenden Unterrichtskürzungen in diesem Fach zuvorzukommen, aber doch auch, weil er das Unterrichten, das kollegiale Miteinander, kurzum Schule als Haus des Lernens und der Begegnung nie als Last, sondern stets als eine anspruchsvolle, in hohem Maße befriedigende, gelegentlich wohl auch lustvolle Herausforderung betrachtete. So hat er seinen Schülerinnen und Schülern im Physikunterricht vorzüglich beigebracht, genau hinzuschauen, den Dingen auf den Grund zu gehen, Vermutungen und Hypothesen als solche zu betrachten, solange eine physikalische Gesetzmäßigkeit nicht im Experiment nachgewiesen war. Sein Unterricht lud geradezu dazu ein, sowohl Fragen zu stellen als auch Lösungen zu suchen, wobei sich seine Freude sowohl an der Theorie als auch am praktischen Experimentieren ganz offensichtlich auf seine Schülerinnen und Schüler übertrug. Die erzieherische Wirkung einer solchen Art von Unterricht kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Da war offensichtlich jemand, der es genau wissen wollte, aus dessen verschmitzt dreinblickenden Augen, die von einer beeindruckenden Haarpracht umrahmt waren, die Spannung auf eine Antwort abzulesen war; jemand, der in kein Klischee zu passen schien, der deswegen wohl gelegentlich mit dem gleichermaßen angesehenen und beliebten, ihm auch äußerlich ähnelnden Wissenschaftsjournalisten Jean Pütz verglichen wurde, womit er übrigens bestens leben konnte.
Dr. Johannisson, der auch verantwortlich für die Physiksammlung war und obendrein den historischen Teil der Sammlung restauriert hat, lag stets auch das Ganze der Schule am Herzen. Wenn man ihn auf Konferenzen oder auch im persönlichen Gespräch erlebte, konnte man davon ausgehen, dass er sich nicht mit halbfertigen Antworten zufrieden geben, sondern nachhaken, insistieren würde. Dabei pflegte er nicht mit dem rhetorischen Degen zu operieren, vielmehr führte er ein elegantes Florett, mit dem er, zuweilen wohl nicht ohne einen gewissen Genuss, zum Nachdenken anregte, aber durchaus auch Widerspruch herausforderte. So manche Stellungnahme kam dann als zunächst beiläufig wirkende Frage daher, und mit einem schlichten Aussagesatz konnte er aus seiner Sicht Fragwürdiges treffsicher einkreisen. Kurzum, das Stilmittel der Ironie verachtete er nicht, er wusste es jedoch stets mit der notwendigen Dosierung einzusetzen, nutzte es nicht im Sinne der persönlichen Distanzierung, sondern im Interesse der sachlichen Klärung. Vielleicht drückte sich darin auch die Skepsis, die Fragehaltung des Physikers, des Naturwissenschaftlers, der er ja war, aus.
Die Schulgemeinde des Gymnasium Dionysianum wird Herrn Dr. Johannisson ein ehrendes Gedenken bewahren. (Hu.)
Oliver Meer und Karin Schulz-Bennecke
Traurige Nachricht: Frau Isolde Heckötter ist am 31.07.21 verstorben
MV 28.01.2021 Stolpersteine "Gegen das Vergessen"
Nachruf für den Zeitzeugen Leslie Schwartz
Zwischen 2014 und 2016 war Leslie Schwartz mehrfach Gast am Gymnasium Dionysianum.
In Kursen in Katholischer Religion und in Geschichte in der Oberstufe, aber auch in Klassen und Kursen der achten und neunten Klasse in Geschichte und Katholischer Religion sprach er als Zeitzeuge von seinen Erfahrungen als junger ungarischer Jude und als Holocaust-Überlebender. Er schilderte die schlimmen Erfahrungen mit Antisemitismus und Ausgrenzung in seiner ungarischen Heimat, die Deportation nach Auschwitz und die glückliche Rettung durch seinen jüdisch-ungarischen Freund vor der unmittelbaren Vernichtung, die ihm in Auschwitz gedroht hätte, wäre er im Kinderlager geblieben.
Sein Freund hatte ihn aufgefordert sich als erwachsener Mann auszugeben, um mit ihm auf einen Transport als Sklavenarbeiter nach Dachau zu gehen, was ihm zumindest vorerst das Leben rettete.
Leslie Schwartz erzählte von der harten Sklavenarbeit in Dachauer Außenlagern und schließlich von den dramatischen Ereignissen in und um den Mühldorfer Todeszug, die er nur knapp überlebte. Ein damals 14- und 15jähriger sprach zu heute 14-, 15- und 16jährigen Schülerinnen und Schülern unserer Schule – nicht nur von den deutschen Verbrechen und den Schrecken der damaligen Zeit, sondern auch von Hilfe, Menschlichkeit und Hoffnung, die ihm auch von einzelnen Deutschen – z. B. einer einfachen Bäuerin – geschenkt wurden.
Leslie Schwartz berichtete auch stolz von der späten Anerkennung seiner Leiden, aber vor allem seines Engagements als Zeitzeuge durch Politikerinnen und Politiker des deutschen Staates und zeigte voller Stolz sein ihm dafür verliehenes Bundesverdienstkreuz am Bande nebst einem Brief der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Seine Ausführungen und seine Gespräche mit den Schülerinnen und Schülern, die ihm gespannt und berührt zuhörten, aber auch die Gespräche am Rande zeigten Leslie Schwartz als einen Botschafter der Versöhnung, der in der Begegnung - vor allem mit jungen - Deutschen der Jetztzeit für sich Heilung erfahren durfte für das, was Deutsche ihm in seiner Jugend angetan hatten.
Nach den Zeitzeugenverstaltungen haben meine Frau und ich Leslie Schwartz persönlich begegnen und ihn als Zeugen der Hoffnung und der Menschlichkeit erleben dürfen. Sein Tod erfüllt uns mit Trauer; zugleich sind wir sind froh und dankbar ihn kennengelernt zu haben. Unsere Anteilnahme gehört seiner Frau Annette Schwartz und seiner Familie. Shalom!
Das Kollegiums des Dionysianums dankt Herrn Schwartz von Herzen dafür, dass er so positiv auf unsere Schülerinnen und Schüler einging, damit nichts vergessen wird.
Hans-Werner Halsband Oliver Meer
Fr., 11.04.2014, MV
Leslie Schwartz besucht Schüler des Gymnasiums Dionysianum
Holocaust-Überlebender leistet heute Versöhnungsarbeit
Stolz präsentierte der Holocaust-Überlebende Leslie Schwartz (84) den Schülern das Bundesverdienstkreuz, das ihm im vergangenen Jahr verliehen worden ist.
Rheine - Einen ganzen Vormittag lang hat der Holocaust-Überlebende Leslie Schwartz am Donnerstag Schülern des Gymnasiums Dionysianum von den Schrecken der Judenverfolgung im Dritten Reich berichtet. Auf Einladung des Geschichtslehrers Hans-Werner Halsband war der 84-Jährige, der seit dem vergangenen Jahr das Bundesverdienstkreuz trägt, in die Schule gekommen. „Als der Tag der Befreiung im April 1945 für mich kam, war ich ein 15-Jähriger der seiner Familie beraubt und mutterseelenallein war“, berichtete er in seinem Vortrag.
Von Paul Nienhaus
Zudem war der junge Mann, der nur durch einen Trick den Gaskammern in Auschwitz entkommen war und in den Außenlagern des KZ Dachau schwere Zwangsarbeit hatte leisten müssen, schwer verletzt worden. Ein Hitlerjunge hatte im „Mühldorfer Todeszug“ zum Ende des Krieges auf ihn geschossen und ihm eine schwere Gesichtsverletzung zugefügt.
Wie durch ein Wunder überlebte Schwartz Krieg und Konzentrationslager. Anschließend wanderte er nach Amerika aus. Viele Jahre verdrängte er die furchtbaren Erlebnisse. Mit 80 Jahren begann Schwartz, der heute abwechselnd in Amerika und in Münster lebt, Vorträge in Schulen zu halten.
Für seine Informations- und Versöhnungsarbeit erhielt Leslie Schwartz, der in Ungarn geboren wurde, 2013 das Bundesverdienstkreuz. Stolz zeigte er den Schülern den Orden und einen persönlichen Brief von Bundeskanzlerin Angela Merkel, den diese nach einer Begegnung in Münster verfasst hatte. „Ich komme zu Euch als Zeuge für das, war Menschen im Guten wie im Bösen leisten können“, rief Schwartz seinen Zuhörern zu.
Nachruf für Leslie Schwartz
Als Beitrag zum Thema: 75 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs und Befreiung vom Nazi-Regime brachte das Fernsehen auf ARD-alpha die Geschichte des Mühldorfer Todeszuges. Begegnungen gegen das Vergessen.Ein Lehrer des Franz-Marc-Gymnasiums in Markt Schwaben hatte in jahrelanger Arbeit mit seinen Schülern die Geschehnisse um diesen Zug erforscht. Albert Hingerl, der Erste Bürgermeister von Poing, wo der Zug am 27. April 1945 einen Halt einlegen musste wegen eines Getriebeschadens an der Lok, hatte 65 Jahre nach dem Geschehen einen Gedenkstein eingeweiht, der an den Tod vieler Gefangener aus diesem Zug erinnern sollte.
Der Jüngste in diesem Todeszug war Lászó Schwartz, der gerade 15 Jahre alt geworden war. Er war am 12. Januar 1930 in der ungarischen Kleinstadt Baktalorantaza geboren. Im April 1944, nachdem die deutsche Wehrmacht in Ungarn einmarschiert war, wurden innerhalb eines Monats 400ooo ungarische Juden nach Auschwitz-Birkenau verschleppt. Bei der Selektion auf der Rampe sah er seine Mutter zum letzten Mal, neben ihr seine drei Jahre jüngere Schwester Judith. Die sechs Monate alte Halbschwester Eva trug die Mutter auf dem Arm. László musste mit seinem Stiefvater gehen, der ihn aber in das Kinderlager schickte in der Hoffnung, dass man mit den Kleinen eher Erbarmen hätte. In einer Warteschlange trifft er Sandor, den älteren Bruder eines Freundes aus dem Heimatort. Er hält sich an diesen und mischt sich am nächsten Morgen auch in den Zug von Männern, die als Zwangsarbeiter nach Dachau gebracht werden, von wo sie schließlich im Nebenlager Allach landen. Diese Zwangsarbeiter werden für Gleisreparaturen benutzt oder in die bayrische Motorenfabrik geschickt oder zum Kalktütenschleppen für ein neues Fabrikgebäude. Alle diese Arbeiten sind für den 14jährigen und bei der schlechten Ernährung auf die Dauer tödlich.
Da hat er das Glück, dass ihn ein Oberscharführer und Aufseher als seinen Privatsklaven benutzt. Der hat auf dem Bahnhof eine Bude zur Verfügung, wo er sich mit seiner Geliebten trifft. László muss diese Bude in Ordnung halten und Wache schieben, wenn der Aufseher "Besuch" bekommt. Lásló selbst ist vor allem auf der Suche nach Essbarem. Eines Tages spricht er deshalb eine Frau an, die bei dem Anblick des Jungen in Tränen ausbricht und ihn monatelang mit Brot und Lebensmittelkarten und Geld versorgt, was sein Leben rettet.
Am frühen Morgen des 24. April 1945 sind die Amerikaner schon so nahe, dass die Gefangenen zu Fuß zum Bahnhof getrieben werden. Nach einer Nacht im Freien verlässt ein Zug mit über 3.600 KZ-Häftlingen das KZ-Außenkommando Mühldorf, eines von 169 Außenkommandos des Konzentrationslagers Dachau. In 60 bis 80 Waggons sollen die vorwiegend ungarischen Juden nach Süden, nach Tirol, gebracht werden. Das Ziel: Keiner der Häftlinge soll das Kriegsende überleben.
Den Halt benutzt die Wachmannschaft, um sich ihrer Uniformen zu entledigen. Sie reißen die Waggons auf und schreien den Gefangenen zu: Alle sind frei! Als die Gefangenen in Poing die Waggontüren offen sehen, ist die erste Überlegung, wo man zu essen finden wird. Mit zwei Leidensgenossen erreicht László einen Bauernhof. Die Bäuerin setzt den Jungen an den Küchentisch, stellt ein großes Glas Milch vor ihn und gibt ihm eine Scheibe Brot mit Butter. Da öffnet sich die Tür, bewaffnete Soldaten /Hitler-Jungen zwingen die Entlaufenen zurück zum Todeszug. Seine Kollegen retten sich in ein Schlafzimmer und verstecken sich unterm Bett, aber László versucht zu fliehen, doch sein junger Verfolger schießt tatsächlich. Die Kugel trifft ihn von hinten im Nacken und entweicht an seiner Kinnlade. Viele seiner Leidensgenossen verlieren bei diesem Anschlag ihr Leben.
Nach 3tägiger Fahrt halten amerikanische Soldaten in Tutzing den Zug endgültig an. László wird im deutschen Militärkrankenhaus gegen Typhus behandelt und am Kiefer operiert und dann ins Flüchtlingslager für Displaced Persons überwiesen. Ein 15jähriger muss nun ganz allein sein weiteres Leben planen.
Zwar hatte sein Vater Verwandte in den USA gehabt, aber László weiß die Adresse dieses Onkels nicht. Zum Glück versucht aber seine Verwandtschaft von sich aus Überlebende der Familie Schwartz ausfindig zu machen. Als er ihren Brief mit sofortiger Einladung nach Los Angeles erhält, weiß er, dass er doch nicht ganz allein auf der Welt lebt. Und so wurde aus dem László ein Leslie.
Jahrzehnte lang hat er über die Geschehnisse dieser Odyssee durch Oberbayern geschwiegen. Seit 1984 zieht es ihn jährlich mit seiner deutschen Frau aus dem westfälischen Münster zwischen den jüdischen Feiertagen Pessach im Frühjahr und Rosch Haschanah im Herbst in ihre Heimatstadt. 2010 erfährt er ganz zufällig von der Gedenksteinsetzung durch Bürgermeister Albert Hingerl in Poing. Erst durch die Begegnung mit den jungen Menschen des Franz-Marc-Gymnasiums in Markt Schwaben bricht er sein Schweigen. Jahrelang spricht er als Zeitzeuge und erinnert sich, wie er Auschwitz, Dachau und den Todeszug nach Tutzing überlebte.
Und nun ist Leslie Schwartz im 91. Lebensjahr am 12. Mai dieses Jahres in Miami/Florida verstorben; am 12. Januar hatte er dort noch seinen 90. Geburtstag feiern können.
Text von Gertrud Althoff
MV 28.01.2020 Gedenken - Erinnern
MV 09.12.2019 Nachruf auf Prof. Dr. Heinrich Krefeld
Herr OStD a.D. Prof. Dr. Heinrich Krefeld ist im Alter von 97 Jahren am 05.12.2019 verstorben
Von 1962 bis 1986 leitete Prof. Dr. Krefeld das Gymnasium Dionysianum.
In seiner Amtszeit wurden erstmals Mädchen aufgenommen, das Schuljahresende durch Kurzschuljahre in den Sommer verlegt und das humanistische Gymnasium im Sinne der reformierten Oberstufe weiterentwickelt.
Auch die Errichtung des Erweiterungsbaus, einer neuen Turnhalle, der Gedenkstätte für die Opfer des zweiten Weltkriegs und die Neugestaltung des Gedenkkreuzes an der Ecke Anton-Führer-Str. / Salzbergener Str. sind wesentliche Momente seiner sehr erfolgreichen Leitungszeit, in der sich das Dionysianum wie alle Gymnasien den Forderungen nach Veränderung durch die 68er stellen musste. Dass dies nicht immer leicht war, kann man am damals von Abiturienten zugemauertem Schulportal oder der Fuhre Mist vor dem Gymnasium erkennen, was in Anekdoten über diese Zeit, gerne beim Farbenfest erzählt, überlebt hat. Auch die Bildungsexpansion der 70er Jahre forderte viel von ihm als Schulleiter, der massives Schülerwachstum und damit einher die explosionsartige Vergrößerung des Kollegiums bewältigen musste.
1922 wurde Heinrich Krefeld in Warburg geboren, bestand 1941 das Abitur, wurde zur Marine eingezogen und als Oberleutnant demobilisiert. Das Studium der Klassischen Philologie, Archäologie, Philosophie und Germanistik führte ihn nach Marburg, wo er 1951 das Erste Staatsexamen ablegte und ein Jahr später promovierte.
Diese beiden Seiten des Fachwissenschaftlers und Pädagogen prägten sein weiteres Leben: Dr. Heinrich Krefeld war aus tiefstem Herzen Pädagoge und unterrichtet von 1953 bis 1962 am Stadtgymnasium in Dortmund, gleichzeitig war er ab 1956 Fachleiter für alte Sprachen im Bereich der Referendarsausbildung und arbeitete ab 1960 an der Herausgabe des Schulbuches „res romanae“, der „Hellenika“ und ab 2004 am Lateinlehrbuch „Studeo“.
In 1962 folgten die Übernahme der Schulleitung des Gymnasium Dionysianum mit Beförderung zum Oberstudiendirektor und der Umzug in seine neue Heimat nach Rheine. Hier leitete er zusätzlich zum Dionysianum erfolgreich das Volksbildungswerk, aus dem später die VHS hervorging. Im Sommersemester 1974 nahm Dr. Krefeld einen Lehrauftrag für die Didaktik der Alten Sprachen an der Universität Münster an und wurde dort 1977 zum Honorarprofessor berufen. Parallel war er mit hohem persönlichen Einsatz viele Jahre im Vorstand der Westfälischen Direktorenvereinigung und des Westfälischen Verbandes der Deutschen Altphilologen tätig.
Seine Liebe zu Rheine wurde in den grundlegenden Aufsätzen zum Stadtjubiläum 1988 über die Kaiserurkunde vom 07. Juli 838 und die Urkunde über die Verleihung des Stadtrechts im Jahre 1327 deutlich. Nach seiner Pensionierung führte Prof. Dr. Krefeld seine erfolgreiche Arbeit an der WWU Münster fort und knüpfte an seiner Zeit als Leiter des Volkbildungswerks an: Er hielt viele Vorträge, lud Referenten ein und führte über die VHS mit vielen Rheiner Bürgern Exkursionen in den mediterranen Raum durch.
Unser Mitgefühl gilt der Familie. Wir werden ihn nicht vergessen.
Die Schulgemeinde des Gymnasium Dionysianum
MV 09.12.2019
MV 25.01.2018 "Stolperstein" für Ludwig Rosenberg
MV 09.09.2017 Stolperstein für Xaver Hoffmann
MV 01.09.2017 Trauer um StD i.R. Hubert Bücker
Trauer um Hubert Bücker
Am 28.08.2017 verstarb unser Kollege StD i.R. Hubert Bücker.
Hubert Bücker wurde 1926 geboren und unterrichtete von 1955 bis Januar 1989 mit einer fünfjährigen Unterbrechung fast dreißig Jahre am Gymnasium Dionysianum. Von 1965 bis 1970 gehört er zum Gründungskollegium des aus dem Dionysianum ausgegliederten neuen Kopernikus-Gymnasiums. An beiden Gymnasien unterrichtete er mit sehr großer Fachkenntnis und hohem pädagogischen Einsatz die Fächer Latein, Geschichte und katholische Religion.
Er war viele Jahre erfolgreich als Klassenlehrer tätig. Hubert Bücker hatte die Gabe, die Schüler anzusprechen, zu begeistern und ihnen zu helfen, ihre Persönlichkeit zu entfalten. Dies wurde gerade in den Schulgottesdiensten deutlich, die über den das Woher und Wozu irdischen Lebens abwägenden Religionsunterricht hinaus den Schülerinnen und Schülern einen persönlichen Weg aufzeigten.
Das Lehrerkollegium profitierte in sehr hohem Maße von seinen Fähigkeiten des Ausgleichens, des aufeinander Zugehens und des Konsenssuchens. Stets bewies Hubert Bücker hierbei Augenmaß und Besonnenheit, die auf seiner großen Erfahrung fußten, aus seiner Liebe zur Literatur schöpften und gerade durch seine festen Wurzeln im katholischen Glauben bereichert wurden.
1989 wurde er als Studiendirektor pensioniert.
Die Schulgemeinde des Dionysianum wird Hubert Bücker ein ehrendes Andenken bewahren.
Trauer um Helga Wanke
Unsere Kollegin, Frau OStR‘ i.R. Helga Wanke, pensioniert seit 2002, ist am 06. August 2017 verstorben.
Sie unterrichtete über 30 Jahre erfolgreich Deutsch und Englisch am Gymnasium Dionysianum.
Neben der Ihr sehr wichtigen Tätigkeit als Klassenlehrerin lagen ihr besonders die Schülerinnen und Schüler sowie die Theaterarbeit am Herzen.
Politisch brachte sie sich neben der Schule mit sehr hohem Engagement in die CDU ein, war Sprecherin der Arbeitsgruppe Christlich-Demokratischer Arbeitnehmer und breitete als Geschäftsführerin der CDU-Frauenvereinigung vielen den Weg (vgl. Spiegel).
Ihren klugen Blick auf Schule und Gesellschaft und ihren Humor werden wir vermissen.
Die Schulgemeinde des Dionysianum wird Helga Wanke ein ehrendes Andenken bewahren.